Text eines Gefangenen der UHA Holstenglacis Hamburg:
„they can bun my flesh, but they can’t touch my spirit, they wan‘ take way my freedom, but they can’t take away my spirit“
Jede Zelle, jedes Haar, jeder Tropfen Blut ist Teil meines eigenen Körpers. Mit der Entnahme einer DNA-Probe, von Körperzellen gegen meinen Willen, wird mein Körper durch die staatliche Justiz und ihre Handlanger*innen verletzt, wie auch durch die Gefangenschaft.
Ich werde nicht auf die argumentative Sinnlosigkeit der Entnahme in diesem Verfahren eingehen, da ich generell keine DNA-Abnahme rechtfertigen will. Die vor wenigen Jahrzehnten eingeführten DNA-Datenbanken verstecken sich schon lange nicht mehr hinter den Scheinargumentationen der gefährlichen Gewaltverbrechen, sondern sind ein permanent genutztes Instrument des staatlichen Datensammel- und Kontrollwahns. Von Sprayer*innen bis zu Ladendieb*innen, wenn es nach ihnen geht, sollten wir am besten alle schon präventiv in ihren Datenbanken angelegt sein.
Und auch vor Gericht sehen wir die fortschreitende Entwicklung der DNA vom Indiz zum Beweis. So ist es z.B. in vielen anderen europäischen Ländern schon seit längerem Realität, auf Grund von DNA als Hauptbeweismittel verurteilt zu werden. Denn die DNA als ein durch und durch ideologisches Instrument macht es möglich, ein Bild eines Menschen, eine Biographie oder Position in Kombination mit einer vorgeworfenen Straftat zu einem Urteil zu machen, auch wenn sie nichts beweist.
Doch es wäre ein Fehler, im Rahmen ihres selbstlegitimierenden Theaters zu argumentieren. Das immer fortschreitende Sammeln von Daten jeglicher Art ist offensichtlich nicht zu unserem Schutz, zu unserem Wohl, sondern zur Verteidigung ihrer Herrschaft von Geld, Eigentum und der Macht über andere Menschen gedacht. Entgegen eines weitverbreiteten Irrglaubens gibt es keine neutralen Datenbanken. Sie funktionieren im Sinne der Herrschaft. Denn was heute noch „harmlose“ Daten sind, kann morgen gegen die, die sie betreffen, genutzt werden. Die Geschichte hat uns diese Lektion auf grausame Weise gelehrt. Was an einem Tag eine Liste, ein Verzeichnis, eine Mitgliedschaft ist, kann an einem anderen Tag ein Todesurteil sein. Und dass Verhältnisse sich schnell ändern und nie so stabil sind wie sie es vorgeben, wissen wir alle. Dass die Feind*innen der Freiheit zu ihren Zwecken Daten sammeln und Menschen kategorisieren, haben auch einige Ereignisse der letzten Zeit wiedereinmal verdeutlicht. So z.B. die Todeslisten des rechten Netzwerks „Nordkreuz“, bestehend aus (Elite-)Soldat*innen der Bundeswehr, Polizist*innen, Reservist*innen sowie Personen aus Justiz und Politik. Oder die Drohbriefe gegen anti-autoritäre und anarchistische Revolutionär*innen in Berlin, zusammengestellt und versendet von LKA-Beamt*innen mit Daten aus Polizei-Akten und Datenbanken. Die Datenbanken, die europaweit gegen geflüchtete Menschen genutzt werden, in denen ihre Körper wie die von Tieren vermessen werden, um sie anderenorts identifizieren zu können, …
Doch auch die allgegenwärtige totale Digitalisierung spielt eine große Rolle. So sind die Daten sozialer Netzwerke, Telekommunikations- und GPS-Daten sowie auch all das, was Online-Shopping und die „sharing-Mobilität über uns sammeln, mittlerweile die Hauptquellen der Repressionsorgane. Und leider gibt es eine erschreckend hohe freiwillige Beteiligung an diesem Prozess. Damit einher geht die Ausgrenzung von all den Menschen, die nicht Teil der etablierten legalen Gesellschaft sein können, da sie z.B. keine Papiere haben. Denn mit der immer weiter gläsern werdenden Gesellschaft verschwinden die Räume, in denen nicht permanente Kontrolle herrscht. Der soziale Nebel lichtet sich für die Herrschaft.
Individuen, die den Drang nach einem Leben in Freiheit verspüren, sollten unabhängig von der eigenen Situation unkontrollierte Räume schaffen und verteidigen und Menschen, die verfolgt, bedroht, ausgebeutet und unterdrückt werden, solidarisch begegnen und sie unterstützen.
Doch dies bedeutet den Konflikt mit denen, die uns beherrschen. Halten wir ihren Verhältnissen unsere selbstorganisierten Kämpfe entgegen.
UHA Holstenglacis, Hamburg, August 2019