(Geisenheim/Hessen) Munitionshersteller angezündet

(Geisenheim/Hessen) Munitionshersteller angezündet –

Der Preis eines Lebens

Wir haben heute Nacht in Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf und gegen die türkische Invasion in Rojava den Eingangsbereich der Firma Ferrostaal in Geisenheim (Rheingau) angezündet. Wir haben mit einigen Reifen die Rückseite des Verwaltungsgebäudes in Brand gesetzt. Dort wird für den weltweiten Gebrauch Waffen und Munition hergestellt. Wir gehen davon aus, dass sowohl die Firma, als auch die Polizei kein Interesse daran haben wird, dass das an die Öffentlichkeit geraten soll.

Der Preis eines Lebens

Wir haben heute Nacht in Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf und gegen die türkische Invasion in Rojava den Eingangsbereich der Firma Ferrostaal in Geisenheim (Rheingau) angezündet. Wir haben mit einigen Reifen die Rückseite des Verwaltungsgebäudes in Brand gesetzt. Dort wird für den weltweiten Gebrauch Waffen und Munition hergestellt. Wir gehen davon aus, dass sowohl die Firma, als auch die Polizei kein Interesse daran haben wird, dass das an die Öffentlichkeit geraten soll.

Der Preis des Lebens – Eine Gewehrkugel, vielleicht 0,75€. Aber was kosten tausende Leben? Und welchen Preis bist du bereit zu zahlen, auch nur eines zu retten?

Wir wollen uns nie vorwerfen lassen, wir hätten etwas unversucht gelassen. Wann wäre der richtige Zeitpunkt gewesen? Zu welchem Zeitpunkt werden sie entscheiden es reicht, es ist genug? Wie viel bist du bereit zu ertragen? Und zu welcher Zeit wird es bereits zu spät sein. Wir haben uns entschieden jetzt zu handeln. Wir können und werden es nicht länger ertragen, nicht länger unwidersprochen mittragen.

Wir wissen, dass im Kapitalismus in dem wir leben die Profitmaximierung allem voran geht. Es ist völlig klar, dass privatwirtschaftliche Unternehmen sich nicht um die menschenverachtenden Folgen ihres Gewinnstrebens kümmern. Und ganz offensichtlich lässt sich mit dem Töten von Menschen sehr gut und sehr viel Geld verdienen.

Wir lassen uns nicht verarschen! Hinter der Fassade sind vielleicht Biedermänner, aber was sie tun ist mörderisch. Eine Bombe erfüllt nur einen Zweck und wird auf ein Haus voller Menschen geworfen. Sie wird die Menschen darin Töten, denn es gibt für Gewehrmunition keinen anderen Zweck als das Töten – und den Machtinteressen derjenigen dienen, die sie abfeuern und denen Geld einbringen, welche diese produzieren und verkaufen. Wir stellen vor: Das ist Ferrostaal.

Unter dem Namen Ferrostaal agiert heute die ehemalige Fritz Werner Industrie Ausrüstungs GmbH in Geisenheim. Sie stellt Waffen und Munition für den Kriegseinsatz weltweit her und verkauft diese an jeden zahlenden Despoten. Mehr noch, diese Firma gehört zu den weltweit ganz wenigen Anbietern, die seit Jahrzehnten komplette Rüstungs- und Munitionsfabriken für ihre Kunden konzipieren und aufbauen können1 Hierdurch werden eventuelle Exportbeschränkungen auf perverseste Art und Weise umgangen: Ist der Verkauf von entsprechenden Waffen oder Munition in eine Region verboten, bietet Fritz Werner/ Ferrostaal ein komfortable Möglichkeit an, das ganze zu umgehen. Sie bauen einfach eine fertige Waffen-Fabrik. Und schon können sich die Diktaturen der Erde sich die benötigten Kampfstoffe selbst herstellen, um ihre eigene oder andere Bevölkerungen zu unterdrücken, ermorden, zu vernichten.

Wir wissen Ferrostaal wird dies öffentlich abstreiten. Öffentlich präsentiert sich das Unternehmen als Spezialist für den Maschinen- und Anlagenbau, hauptsächlich tätig in der sogenannten MENA(Middle east /North africa) Region. Natürlich nur im friedlichen Aufbau von Öl und Solaranlagen. Doch glaubt den Lügen der Mörder nicht! In einem Komplizierten Firmengeflecht werden die Rüstungsaktivitäten geschickt verschleiert. Heißt die Sparte offiziell Ferrostaal oil, so ist sie doch aktiv mit dem Rüstungsbereich von Rheinmetall verbunden. Das mit Ferrostaal Industrieanlagen GmbH, Essen, betriebene Joint Venture Rheinmetall International Engineering GmbH, Geisenheim (RIE), war dem Unternehmensbereich Defence zugeordnet.2

Wo es zu morden gibt, ist Ferrostaal aktiv: Türkei, Saudi Arabien, Mexiko… Ein kleiner unvollständiger Ausschnitt:

Türkei

Nachdem die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Helmut Kohl 1998 die Fertigung von einer halben Million HK-33-Gewehre in der Türkei genehmigt hatte, erteilte im Juni 2000 die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) der damaligen Fritz Werner die Zustimmung zum Bau einer Fabrik zur Herstellung von Patronen des NATO-Kalibers 5,56 mm. Die Fabrik wurde ab 2003 errichtet und hatte einen Wert von 46 Mio Euro. Fritz Werner ist Führer eines Konsortiums von Firmen aus Belgien, Frankreich und Spanien. Der Vertrag der Türkei mit der spanischen Firma Santa Barbara sieht vor, dass diese pro Jahr 750 Tonnen Patronenpulver fertigt.3 Diese Menge reicht für die Herstellung von etwa 400 Millionen Patronen 5,56 mm. Im Jahr 2000, dem Jahr der erteilten Ausfuhrgenehmigung in die Türkei war dem Türkei-Bericht von Amnesty international zu entnehmen, dass die Folter „verbreitet“ war. Im Februar 2010 hat der Bundessicherheitsrat abschließend entschieden, dass Fritz Werner Herstellungsausrüstung für Munition im Wert von 854.250 Euro in die Türkei exportieren darf. Wann die Lieferung erfolgte, ist unbekannt.4

Zynisch sind die leeren Phrasen der deutschen Politiker, wenn sie auf Einhaltung von Menschenrechen in den neun Kriegsgebieten der Türkei pochen. Eben diese Türkei wurde mit deutschen Waffen hochgerüstet. Eben diese Türkei hat niemals einen Hehl daraus gemacht, was sie in den kurdischen Gebieten veranstaltet. Dort wird die letzte sichere und vom Krieg verschonte Region nun zerstört und die dort lebenden Menschen getötet und vertrieben. Mit dem Ziel andere Bevölkerungsgruppen, bzw. genauer die islamistischen Milizen vom sogenannten IS und Konsorten anzusiedeln. In den 90ern lief solches Handeln unter dem Namen „ethnische Säuberung“. Und genau das ist es. Ethnische Säuberungen und Krieg, ausgelöst und vorangetrieben von einem engen „Verbündeten“ und NATO Mitglied.

Und die Deutsche Regierung erklärt diesmal aber nun wirklich keine Rüstungsgüter mehr zu exportieren. Zumindest keine mehr welche in Syrien eingesetzt werden könnten. Was soll das sein? Nur noch Schneetarnanzüge für die türkische Armee?!

Deutschland setzt Millionen von Euro mit den Türkischen Kriegen um. Und das auch fleißig nach dem vorherigen Einmarsch der türkischen Armee in Afrin. Spätestens danach war völlig klar wohin die Reise geht.

Saudi-Arabien

Zu Zeiten des Kabinetts Merkel II (schwarz-gelb) erteilte der Bundessicherheitsrat im Juni 2011 drei abschließende Ausfuhrgenehmigungen nach Saudi-Arabien zur Herstellungsausrüstung von Munition im Gesamtwert von rund 1,13 Mio Euro.5 Im Juni 2017 hat der Bundessicherheitsrat der Fritz Werner Industrie-Ausrüstungen GmbH die Ausfuhr militärischer Werkzeuge und Ausrüstungen im Wert von 8,9 Mio. Euro nach Saudi-Arabien erlaubt.6

Mexiko

Im Juni 2006 eröffnete Ferrostaal in Mexiko eine Produktionsanlage. Dort wurde ein G36-Nachbau, in Serienfertigung hergestellt. Anfangs wurden die militärische Spezialeinheit GAFE damit ausgerüstet, welche damit den indigenen Aufstand der Würde der EZLN niederschlug. Später rekrutierten sich aus ebendieser Einheit eines der brutalsten Drogenkartelle in Mexiko.

Die Auflistung der Beteiligung an Verbrechen von Ferrostaal /Fritz Werner würde diesen Rahmen sprengen – jedoch hat es bundesdeutsche Tradition. Selbst die international isolierte Militärregierung in Burma wurde jahrelang durch das Unternehmen hofiert. „Die deutsche Regierung hat zweifellos eine gewisse Mitschuld an den Tötungen in Burma, weil deutsche Firmen Waffen oder Fabrikmaterialien zur Herstellung von Waffen geliefert haben. Die deutsche Regierung hat dies nicht nur gebilligt, sondern auch aktiv realisiert. Wenn ich jemandem eine Waffe gebe in dem Wissen, dass er damit jemand anderes tötet, werde ich in den meisten Ländern als Helfershelfer bezeichnet. So gesehen ist Deutschland damit ein Komplize der Massaker von 1988 und dem Krieg gegen die ethnischen Minderheiten.“, sagt Mark Farmaner, Direktor der Burma Campaign London.7

(Für weitere Hintergrundinformationen empfiehlt sich beispielsweise die Informationsstelle Militarisierung8)

Unsere Sabotage richtet sich gegen die gesamten Machenschaften von Ferrostaal, gegen die blutigen Folgen ihrer Profitmaximierung. Doch besonders nehmen wir Bezug auf den Widerstand in Rojava, der mit Hilfe ihrer Technologie gerade jetzt zerschlagen werden soll.

In Nordsyrien bauen die Menschen eine demokratische Selbstverwaltung auf. In ihren Ausformungen und Prinzipien ist sie denen der parlamentarischen Demokratien der westlichen Welt deutlich näher als den sie umgebenen Machtblöcken. Ein bedeutender Unterschied, wie die meisten fortschrittlichen gesellschaftlichen Veränderungen, wurde auch diese von unten, durch die Menschen erkämpft. Insbesondere die enorme Teilhabe der Frauen, ihre Gleichberechtigung im Alltag wie auch an den Kämpfen, oft sogar ihre Vorreiterrolle in den gesellschaftlichen Umbrüchen darf gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dies sind unsere Anknüpfungspunkte an die revolutionären Umwälzungen in Rojava. Der Versuch eine befreite Gesellschaft aufzubauen, die feministische Revolution erfüllt uns mit Hoffnung. Der durch westliche Invasionen völlig in den Abgrund gescheiterte Irak, sogenannte oppositionelle Gebiete in Syrien, wo unter dem Schutz des türkischen Staates die Scharia ausprobiert wird, die Türkei selbst, im Vorhof sogenannte neoosmanischer Träume. Ganz offensichtlich ein autoritärer Staat welcher nur noch im Angriff gegen andere die inneren Widersprüche und die Korrumpiertheit seiner Eliten übertünchen kann.

Doch die kämpfenden Kurdinnen und Kurden sind einerseits Vorbilder, in der Konsequenz ihres Handelns und in dem Eintreten für ihre Sache. Andererseits ist es ein gemeinsamer Kampf, um Geschlechterbefreiung, gegen Krieg und kapitalistische Ausbeutung, für gemeinsame Teilhabe und gegen Ausschlüsse aufgrund von Herkunft oder sexueller Orientierung. Diese Kämpfe sind aktuell und an jedem Ort der Erde sind es die progressiven, radikalen fortschrittlichen Kräfte, welche für die Befreiung der Menschen eintreten. Sicherlich sind die jeweiligen Bedingungen in denen wir kämpfen unterschiedlich und unsere Voraussetzungen auch. Die linksradikalen Versuche in den zentral europäischen Metropolen sind kaum zu vergleichen mit den Organisationsansätzen der kurdischen Freund*innen, und in keinster Weise mit dem unvorstellbaren hohen Preis an Blut, Leid und Tod. Doch uns eint die Vorstellung, der gemeinsame Traum , dass es einmal besser werden wird. Nicht nur für wenige, für alle!

Der Preis des Lebens

Unser Traum des befreiten guten Lebens ist selbe Traum ,wie ihn Gefährt*innen in Kurdistan und Chiapas träumen. Mittel, Wege, Voraussetzungen und Intensität unterscheiden sich in Chile, Paris, Seattle und Serê Kaniyê.

Wir denken, dass Widerstand jetzt und hier notwendig ist. Wir kämpfen dort wo wir leben – nämlich an dem Ort, von dem aus die Diktatoren und ihre Regime in dieser Welt mit Waffen und Munition ausgestattet werden. Andere von uns beteiligen sich an den Kämpfen, dem Aufbau, dem Widerstand in Rojava. Manche versuchen hier auf vielfältigste Weise die dauerhafte und doch so schmerzhafte Stille in Westeuropa zu unterbrechen. Tausende versammeln sich zu Demonstrationen, es gibt Aktionen des zivilen Ungehorsams, Blockaden von türkischen Einrichtungen, Straßen oder deutschen Rüstungsbetrieben. Wir verstehen uns als Teil der Bewegung, welche nur in ihrem Zusammenspiel von verschiedenen Aktionen eine Stärke und Wirkmächtigkeit gegen den Krieg entfalten können und werden. Doch der Widerstand, unser gemeinsamer Kampf ist unsere Stärke. Wir verstärken die Aktionen und Demonstrationen und den Druck auf die Profiteure des Mordens. Doch ohne die öffentlichkeitswirksamen Aktionen verschwindet unser Widerhall im Blätterwald der Medien.

Das Zusammenspiel wird unsere Stärke ausmachen – das Zusammenkommen der Kämpfe!

Jede*r von uns wird sich entscheiden, wo er/sie steht. Und jede*r wird die Aktion, den Weg des Widerstands wählen welcher am besten zu ihr/ihm passt. Wichtig ist die selbe Richtung des Weges.

Wir haben bei unserer Aktion sehr darauf geachtet, dass das angegriffene Objekt menschenleer ist und somit keine Menschen verletzt werden. Das kann Ferrostaal nicht von sich behaupten. Ihre deutschen Waffen töten mit in aller Welt. Wir hoffen dass unsere Aktion wenigstens für ein paar Tage den ungestörten Betriebsablauf behindert hat. Wir glauben dass auch nur eine einzige Waffe, eine einzige Kugel weniger in den Händen Erdogans alles Wert ist. Es ist der Preis des Lebens. Was ist dein Preis?

Der Drang nach Freiheit ist unser aller Bedürfnis und stärker als jede Gefängniszelle, manchmal auch stärker als der Tod.

Wir grüßen alle Gefährt*innen auf der Flucht und in den Gefängnissen, insbesondere alle die weiter kämpfen. Solidarische Grüße an Loic und die drei von der Parkbank, und an alle im nirgendwo. Gewidmet ist die Aktion Anna Campbell. Sie schloß sich dem Frauenkampf der kurdischen Befreiungsbewegung an und kämpfte gegen den sogenannten Islamischen Staat. Sie wurde von türkischen Milizen in Afrin getötet, von türkischen Söldnern mit türkischen Waffen. Hergestellt und geplant wurden diese Waffen vielleicht in Geisenheim, von Ferrostaal.

Ihre Gefährt*innen in England blockierten einen Rüstungsbetrieb, wir entschieden uns dafür die Fabrik anzuzünden.

Für dieses weite und aufgerüttelte Herz, trunken von Solidarität, ist die einzig atembare Luft die Menschenliebe“

Autonome Gruppe

Kommando Hêlîn Qereçox /Anna Campbell

 

1http://www.bits.de/public/pdf/rr16-01.pdf

2https://ir.rheinmetall.com/download/companies/rheinmetall/Annual%20Reports/DE0007030009-JA-2017-EQ-D-00.pdf (Seite 164)

3 Jürgen Grässlin, Versteck dich, wenn sie schießen, S. 374f, www.juergengraesslin.com/27266-S001-480-kleiner.pdf, S. 343

4 Bundestag Drucksache 18/4194, S. 14

5 Bundestag Drucksache 18/4194, S. 23

6 Bundestagsdrucksache 18/13277

7https://www.vice.com/de/article/yp37k5/warum-der-diktator-myanmars-einen…

8https://www.imi-online.de/2019/10/18/deutsche-waffen-beim-tuerkischen-mi…

quelle: indymedia
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