(Sachsen) Ein verfrühtes Osterei am Tag der politischen Gefangenen

Ein verfrühtes Osterei am Tag der politischen Gefangenen

Wir, ein verfrühtes Osterei, übernehmen die Verantwortung für die Brände in der Nacht zum 18.03.2020 bei zwei Firmen, die am Bau des neuen Knastes Zwickau-Marienthal beteiligt sind. [1]

Heute jährt sich der internationale Tag der politischen Gefangenen. Dieser Tag wurde ausgerufen um an die vielen kämpfenden Genoss*innen und Gefährt*innen zu erinnern, die in den Kerkern der Gefängnisse weltweit stecken. Das Datum ist angelehnt an den Tag an dem die Pariser Kommune 1871 ausgerufen wurde. Für viele galt und gilt die Pariser Kommune bis heute noch als Bezugspunkt revolutionärer Bestrebungen für soziale Gerechtigkeit und politische Freiheit. Die Zerschlagung der Kommune, das Blutbad an tausenden Kommunard*innen und die Deportation von Hunderten in die Strafkolonien, in welchen sie ein langsamer Tod erwartete, sollte allen Revolutionären auf der Welt zeigen, was eine bürgerliche Regierung bereit ist zu tun, wenn sie ihre Macht in Gefahr sieht.

Auch heute sitzen tausende Revolutionär*innen in den Knästen dieser Welt. Der emanzipatorische Kampf zieht sich seit der Kommune fort und seine Kinder kamen und kommen unter die Räder der Repression. Seit jeher ist auch ein Kampf um die Befreiung und die Unterstützung der Gefangenen geführt worden. Eine grundlegende Kritik an Herrschaft verband sich mit einer Kritik an dem Gefängnissystem und der Moral des Strafens. Die Forderung nach der Befreiung der Gefährt*innen wandelte sich oftmals zur Forderung Knäste abzuschaffen und das Strafprinzip gänzlich zu überwinden.

So formierte sich im Zuge der 68er Revolte, nachdem viele Aktivist*innen inhaftiert wurden, eine starke Solidaritätsbewegung. Durch die Gefangenenfrage wurde auch eine generelle Kritik am Strafsystem formuliert. Es bestanden jedoch unterschiedliche Ansätze, wie man mit dem Thema und der Differenzierung von politischen und sozialen Gefangenen umgeht. Die Unterschiede artikulierten sich auch in den Forderungen der gefangenen Stadtgueriller@s und der angebundenen Unterstützungsarbeit von draußen. Einige fokussierten sich auf eine Sonderbehandlung der politischen Gefangenen und andere bevorzugten Forderungen zu stellen, die für alle Insass*innen von Bedeutung waren. Es gab einige soziale Gefangene die sich mit den Revolutionär*innen solidarisierten und beispielsweise ebenfalls in den Hungerstreik traten. Das alles fand in einer stark politisierenden Zeit statt, aber man kann auch vermuten, dass die politischen Gefangenen und ihre Kämpfe die sozialen Gefangenen im Rebellieren bekräftigten. Die Kämpfe der Gefangenen fanden, in Zusammenarbeit mit den Unterstützungsgruppen von draußen, in einer gesellschaftlichen Breite Beachtung und zum Teil auch Wiederhall. Das erste Strafvollzugsgesetz von 1977 hätte es ohne diesen Widerstand nicht gegeben.

Unweigerlich wird unser Weg nicht daran vorbei führen, dass geliebte Menschen in den Knast wandern. Bei wachsender Konfrontation im sozialen Krieg wird auch die Zahl der Gefangenen steigen. Zum einen, weil die Bereitschaft der Bevölkerung Risiken einzugehen steigt, zum anderen, weil die Repressionsorgane ihre Arbeit intensivieren werden, sowohl in ihrer Qualität als auch Quantität. Eine revolutionäre Bewegung kommt so nicht umhin, sich mit dem Thema Knast auseinanderzusetzen.

Wir sollten Knast als ein Feld betrachten, dass von sozialen Kämpfen durchzogen ist und in das wir politisch intervenieren können. Es kann uns Möglichkeiten bieten auf noch mehr Mitstreiter*innen zu treffen, die (auch) nicht das Privileg hatten in stabilen Verhältnissen aufzuwachsen und so in die Fänge des Staates geraten sind. Besonders die unteren subproletarischen Klassen, die Marginalisierten, die Prekarisierten, sind von Inhaftierungen betroffen. Zu ihnen gehören Geringverdienende, Arbeitslose, Migrant*innen, Illegalisierte, Jugendliche und Drogenabhängige, um einige zu nennen. Menschen, die im Kapitalismus die schlechtere Karte gezogen haben, nicht reich geboren wurden und genau deswegen etwas an dem Ist-Zustand auszusetzen haben. Vermutlich war ihr ganzes Leben ein Kampf – ermuntern wir sie an unserer Seite weiter zu kämpfen. Gegen das System, was sie zuerst arm und dann „kriminell“ gemacht hat.

In diesem Moment finden weltweit in vielen Ländern Revolten in Knästen statt.
Die massiven Einschränkungen dort, aufgrund der Corona Pandemie, brachten in Italien, Frankreich, Spanien, Portugal und Brasilien Aufstände hervor. In Brasilien gelang 1350 Gefangenen aus drei unterschiedlichen Knästen die Flucht. In Italien konnten mehr als 50 Menschen die Mauern in Foggia überwinden. Einige von ihnen konnten sich bislang den Versuchen des Staates widersetzen, aufgespürt zu werden. Den Menschen wurden im Zuge dieser Krise die letzten Zugeständnisse des Staates genommen. So die Möglichkeit von Verwandten und Freund*innen besucht zu werden, einige wenige Stunden am Tage draußen zu sein und mit anderen Gefangenen zu interagieren. Auch die Lebensmittelversorgung bricht aufgrund der massiven Einschränkungen zusammen und die medizinische Versorgung ist desolat bis nicht vorhanden. Die Repression die auf die Revolten folgte forderte bereits einige Leben. Bei den Aufständen in Italien starben elf Menschen. Die Informationslage ist schwierig, war es doch schon immer eine Strategie des Staates Revolten unsichtbar zu machen. Es verbreiteten sich Nachrichten, dass sich einige von ihnen suizidiert hätten. Solchen Nachrichten kann natürlich nicht getraut werden. Die Methodik einen Mord als Suizid im Gefängnis zu tarnen ist nicht erst seit gestern eine beliebte Strategie der Repressionsbehörden widerständige Individuen unter dem Radar einer Öffentlichkeit zu liquidieren.

Auch in Deutschland wurden vor wenigen Tagen die Haftbedingungen beschränkt, in vielen Bundesländern wurden die Besuchsmöglichkeiten radikal gekürzt, Angebote wie Therapiemöglichkeiten wurden ausgesetzt. Die Situation wird sich weiter zuspitzen.
Umso wichtiger ist es nun die Isoliertesten der Gesellschaft nicht zu vergessen. Das Grundbedürfnis nach menschlicher Interaktion darf nicht noch weiter eingeschränkt werden. In Krisenzeiten trifft es die Prekarisierten immer am härtesten. Gerade in der aktuellen Situation sind sie diejenigen, die kaum Chancen auf eine ausreichende Gesundheitsversorgung haben und auch diejenigen die die kommenden Notstandsgesetze am härtesten treffen werden.

Unterstützen wir die Gefangenen und nutzen unsere Möglichkeiten außerhalb der Mauern, ihren Kämpfen mehr Sichtbarkeit zu verleihen!

Gegen das ungerechte Leben und für die Freiheit! Den Aufstand in die Köpfe tragen!

Wir grüßen die 3 von der Parkbankcrew, die sich gerade in einem Mammutverfahren befinden. Auch freut es uns zu hören, dass Peter Krauth wieder in Freiheit ist und nicht an die BRD ausgeliefert wird – Liebe Grüße ins sonnige Venezuela an die drei vom Kommitee.

 

de.indymedia.org
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